Luis Ordoñez, Sales Agent bei Planta Viva, erläuterte eindrücklich, wie die einzelnen Bereiche zusammenspielen, um den reibungslosen Export in alle Welt sicherzustellen. Schon beim Betreten der Anlage fielen die Dimension der Grossbaumschule auf. Reihen von Pflanzen in unterschiedlichsten Grössen und Arten prägten das Bild. Besonders beeindruckend waren die Grossgehölze in ihren Containern – knorrige Stämme, geformt von Zeit und Klima, die wie Skulpturen in der Sonne standen. Sie verliehen dem Gelände eine einzigartige Atmosphäre, wie sie in Schweizer Baumschulen kaum zu erleben ist.
Das wohl prägendste Merkmal von Planta Viva sind die geretteten Olivenbäume. In Spanien und Italien werden alte Olivenhaine bewirtschaftet, deren Bäume oft mehrere Hundert Jahrealt sind. Wenn ihr Ertrag nachlässt, gelten sie für die Landwirtschaft als unproduktiv. Anstatt sie zu fällen, rettet Planta Viva die alten Bäume und schenkt ihnen ein zweites Leben. Hierfür wird jeder Baum von einem erfahrenen Team behutsam ausgegraben, gesichert und nach Elche transportiert. Dort kommen die Bäume in grosse Container und werden schrittweise wiederaufgebaut.
Vom Nutzbaum zum Gestaltungselement
Diese Bäume sind mehr als Handelsware. Sie verkörpern das Leben im Mittelmeerraum und prägen Gärten und Parks weit über ihre ursprüngliche Heimat hinaus. Das macht deutlich, dass ein Baum, der in der Landwirtschaft keinen Wert mehr hat, durch Pflege, Fachkenntnis und sich verändernde Marktbedürfnisse zu einem begehrten Gestaltungselement werden kann. Diese Verbindung war für uns eine der wichtigsten Erkenntnisse dieser Exkursion.
Von Elche aus erfolgen Lieferungen in zahlreiche Länder, darunter auch nach Indien und Japan. Besonders Japan stellt aussergewöhnlich hohe Anforderungen an den Import von Pflanzen. Jede Lieferung muss frei von Schädlingen sein, andernfalls droht die Vernichtung der gesamten Fracht. Um diese Vorschriften zu erfüllen, werden die Pflanzen zuerst im Labor geprüft. Zusätzlich werden sie stark gewässert und mit einem Feuchtigkeitsgel behandelt, das Wasser speichert und langsam wieder abgibt. Auf diese Weise können sie auch lange Transportwege überstehen.
Abschliessend werden die Pflanzen verladen. Hierfür zeichnet das Team die Fläche des Lkws mit Kreide auf den Boden. Innerhalb dieser Linien wird die Fracht arrangiert, bis alles optimal passt. Diese Methode ist genauso einfach wie wirkungsvoll, spart Zeit und vermindert Schäden.
Die Exkursion zeigte uns, wie global der Gartenbau geworden ist. Pflanzen sind nicht nur ein lokales Produkt, sondern Teil internationaler Märkte mit strengen Regeln und innovativen Lösungen.
Glühende Hügel und kühle Biotope
Wir studieren an der Gartenbauschule Oeschberg in Koppigen (BE) im Studiengang Dipl. Gartenbautechniker HF. Die Studienreise führte uns vom 24. bis 29. August 2025 in die Provinz Alicante, in den Botanischen Garten der Universität Alicante in der Gemeinde Ibi.
Ziel der Exkursion war es, Pflanzen, Biodiversität und Regenwassermanagement zu untersuchen. Der Botanische Garten liegt auf 750 bis 850 m ü. M. und umfasst 53 ha, wovon 6 bis 7 ha aktiv bewirtschaftet werden. Das Gelände ist in thematische Bereiche gegliedert, darunter ein griechisch-römischer und ein arabischer Garten sowie ein Abschnitt, der Hildegard von Bingen gewidmet ist. Diese Bereiche verbinden kulturelle Geschichte mit gartenbaulichen Techniken auf harmonische Weise. Ein integriertes Regenwassermanagement durch Nassbiotope unterstützt zudem die Biodiversität.
Estación Biológica de Torretes – Forschung trifft Landschaft
Die Institution für Biodiversität (CIBIO) der Universität Alicante wird von Prof. Segundo Ríos geleitet und von der Biologin Dr. Michaela Dane begleitet. Die Exkursion bildete einen ökologischen Knotenpunkt zwischen Tiefland und Gebirge. Unsere Gruppe erlebte eine beeindruckende Vielfalt an Pflanzensammlungen. Der Jardín de las Culturas zeigt die Beziehung zwischen Menschen und Pflanzen in verschiedenen Epochen. Taxonomische Sammlungen vermitteln systematische Einblicke in die Pflanzenwelt. Der mittelalterliche Garten nach Hildegard von Bingen umfasst über 230 Heil- und Nutzpflanzen und dient als lebendige Versuchsanlage für historische Kräutermedizin.
Für die Schweiz eröffnet dieses Konzept spannende Impulse: Wir können Kulturgeschichte stärker in Lehrgärten integrieren und Pflanzenwissen anschaulich der Öffentlichkeit vermitteln. Die klimatischen Unterschiede setzen zwar Grenzen, doch Prinzipien wie thematische Gliederung und didaktische Aufbereitung lassen sich gut übertragen.
Technik und Tradition – Nachhaltigkeit als Leitprinzip
Die Station überzeugte uns durch ihre botanische Vielfalt und technische Ausstattung. Gewächshäuser und Blütenbiologiekammern ermöglichen präzise Forschung zur Pflanzenreproduktion. Ein ressourcenschonendes Wassermanagementsystem verknüpft Forschung und Betrieb auf nachhaltige Weise. Das gesammelte Regenwasser wird in verschiedene Nassbiotope geleitet, die Pflanzen, Makroorganismen wie Molchen und Wasserschlangen einen natürlichen Lebensraum bieten.
Besonders das Amphibiarium fiel uns als innovatives Beispiel für den Schutz lokaler Amphibienarten auf. Dieses Modell könnte auch in Schweizer Naturgärten Anwendung finden. Gleichzeitig pflegt die Station traditionelle Landwirtschaft mit Getreide, Mandel- und Olivenbäumen. Als älteste Pflanze Spaniens gilt Quercus rotundifolia Lam. (Rundblättrige Eiche). Historische Elemente wie Kalköfen und Viehtränken ergänzen die Anlage. Diese Verbindung von Forschung, Geschichte und Praxis bietet ein überzeugendes Modell für die Weiterentwicklung von Schweizer Lehr- und Versuchsanlagen. Innerhalb der Gruppe diskutierten wir, welche Elemente sich realistisch übertragen lassen, etwa robuste Sorten für Trockenlagen oder die Integration historischer Strukturen in moderne Lehrgärten.
Impulse und Schwerpunkte zur Praxis
In Ibi herrscht ein extremes Klima. In der Sommersaison steigt die Temperatur bis zu 40 °C und der Winter bringt Schnee. Pflanzen, die im Botanischen Garten gedeihen, müssen diesen anspruchsvollen Klimaverhältnissen standhalten. Dabei zeigen sich Parallelen zum Schweizer Klima: Die Bedingungen auf 1000 m ü. M. in Spanien entsprechen etwa jenen auf 3000 m ü. M. in der Schweiz. Deutlich wurde, dass die verschiedenen Iris-Arten an diesem extremen Standort bei richtiger Pflege gut gedeihen. Die Iris-Rabatten werden mit einer Tröpfchenbewässerungsanlage getränkt. Damit die Knollen der Pflanzen nicht verfaulen, werden sie mit längs angehäuften topografi-schen Hügeln angelegt, um die Versickerung zu gewährleisten. Der gesamte Boden besteht aus kalkhaltigem Untergrund, gleich darunter liegt Kalkgestein überzogen von wenig Kulturerde. Nebst der hohen Brandgefahr, die durch die anhaltende Trockenheit besteht, hat der Botanische Garten noch ein weiteres Problem: die Marokkanische Steinziege. Sie frisst Pflanzenteile ab und klettert auf Bäume. Dadurch wird sie zum Problem, weil vieles in der Kultur beschädigt wird. Um den Pflanzenfrass zu verringern, sind bestimmte Bereiche des Gartens eingezäunt. Im Juli 2025 nahm ein zunächst bedrohlicher Brand glücklicherweise ein gutes Ende. Beim Ausbruch des sich rasch ausbreitenden Feuers bangte Prof. Segundo Ríos um sein Herzstück, den Botanischen Garten. Etwa sieben Stunden lang kämpften die Einsatzkräfte gegen die Flammen. Durch das schnelle Handeln der spanischen Feuerwehr konnte ein grösserer Schaden verhindert werden.
Ausblick
Die Studienreise nach Alicante zeigte eindrücklich, wie stark Klima und Höhenlage den Gartenbau prägen. Während sich nicht alle Konzepte direkt auf die Schweiz übertragen lassen, bot die 53 ha grosse Anlage wertvolle Impulse. Besonders lehrreich ist der Umgang mit Standortfaktoren: Kleine topografische Eingriffe, etwa modellierte Pflanzflächen für Iris, steuern Wasserhaushalt und Mikroklima auf effektive Weise. Ebenso überzeugte das integrierte Regenwassermanagement mit Nassbiotopen als Lebensraum für zahlreiche Amphibien. Die Brandgefahr machte deutlich, wie verletzlich solche Systeme sind. Zugleich zeigte sie, wie umsichtig auf Bedrohungen reagiert wird.
Fazit: Die Verbindung von Forschung, Biodiversität und nachhaltiger Praxis liefert wertvolle Anregungen für die Weiterentwicklung des Gartenbaus in der Schweiz.
Die Palme der Kaiserin
Ramón Martín Abad von der Polytechnischen Universität Valencia gewährte uns einen einzigartigen Einblick in den bekanntesten Palmengarten Europas, der zum UNESCO-Welt-kulturerbe Palmeral de Elche gehört. Auf rund 12 000 m² wachsen im Huerto del Cura über 90 verschiedene Palmenarten. Die Anlage vereint historische Gartenkunst mit modernen und nachhaltigen Pflegemassnahmen und bietet wertvolle Erkenntnisse für Fachleute der Grünen Branche.
Besonders eindrucksvoll ist die Kaiserpalme, eine aussergewöhnliche Dattelpalme mit sieben Kronen, die zum Wahrzeichen des Gartens geworden ist. Aus Sicht der Denkmalpflege zeigt der Huerto del Cura, wie sich ein früher rein landwirtschaftlich genutzter Raum in eine gartenarchitektonische Repräsentationslandschaft verwandelt hat. Damit fungiert er heute als Schau- und Forschungsraum an der Schnittstelle von historischer Palmenkultur, ornamentalem Gartenbau und Identitätsstiftung im Kontext mediterraner Kulturlandschaften.
Die Kaiserpalme im Huerto del Cura
Die Kaiserpalme (Phoenix dactylifera) ist das botanische Wahrzeichen des Huerto del Cura in Elche und eine weltweit einzigartige Erscheinung. Ihre aussergewöhnliche Wuchsform bestehtdarin, dass sich aus einem einzigen Stamm sieben gleichmässig angeordnete Kronen entwickeln. Dieses natürliche Phänomen ist äusserst selten, da Kaiserpalmen normalerweise keine Seitensprossen in dieser Form ausbilden. Benannt wurde die Kaiserpalme im Jahr 1873 zu Ehren der österreichischen Kaiserin Elisabeth, besser bekannt als «Sisi», die den Garten während ihrer Spanienreise besuchte. Seitdem ist sie das Symbol des Gartens und ein zentraler Anziehungsmagnet für Besucherinnen und Besucher.
Artenvielfalt und Standortbedingungen
Neben Phoenix dactylifera wachsen im Huerto del Cura zahlreiche weitere Palmenarten, die jeweils eigene Ansprüche an Klima und Standort stellen. Der tonhaltige Boden des Gartens fördert eine tiefe Wurzelbildung und verhindert, dass die Pflanzen umkippen. Zusatzstoffe wie Kompost werden bewusst auf maximal 10 % begrenzt, um oberflächliches Wurzelwachstum zu vermeiden. Auch das Thema Bewässerung ist hier vorbildlich gelöst. In einem geschlossenen Kreislauf wird Wasser gesammelt, hochgepumpt und wiederverwendet. Ergänzungen erfolgen nur in Trockenzeiten, wodurch ein nachhaltiges System entsteht, das an die mediterranen Bedingungen optimal angepasst ist.
Schädlingsproblematik und Pflanzenschutz
Eine zentrale Herausforderung für die Palmenpflege im Mittelmeerraum ist der Rote Palmrüssler (Rhynchophorus ferrugineus). Dieser invasive Schädling befällt vor allem Phoenix Arten wie Phoenix canariensis und Phoenix dactylifera. Die Larven bohren sich tief ins Palmenherz und zerstören die Leitungsbahnen. Da Palmen kein Kambium besitzen und somit kein sekundäres Dickenwachstum aufweisen, können sie geschädigte Strukturen nicht regenerieren. Typische Symptome eines Befalls sind abknickende oder vertrocknende Fiederblätter, der Ausfallder Speerblätter sowie Bohrlöcher.
Im Huerto del Cura erfolgt die Bekämpfung des Schädlings über ein konsequentes Pflanzenschutzmanagement. Zwischen März und Oktober werden die Palmen alle 40 Tage behandelt. Die Applikation der Insektizide erfolgt über Injektionen oder Giessverfahren, wobei die Mittel gezielt ins Palmenherz eingebracht werden, um den Vegetationskegel zu erreichen. Eingesetzt werden systemische Präparate wie Imidacloprid und zunehmend Acetamiprid, Letzteres in Form des wasserlöslichen Produkts Epik mit einem Wirkstoffgehalt von 20 %. Die Durchführung liegt in den Händen spezialisierter Firmen, die neben dem Pflanzenschutz auch Schnitt- und Pflegearbeiten übernehmen. Diese Massnahmen sind komplex und zeigen, wie anspruchsvoll der Erhalt wertvoller Palmenbestände ist.
Erkenntnisse und Fazit
Die Exkursion verdeutlichte, dass Palmenpflege ein Zusammenspiel aus Standortwahl, Bodenmanagement, Wasserführung und Pflanzenschutz ist. Besonders eindrucksvoll war die enge Verzahnung von traditioneller Gartenkunst und moderner Pflanzenwissenschaft. Während junge Palmen zunächst Schatten benötigen, vertragen ausgewachsene Pflanzen die volle Sonne problemlos. Die grosse Vielfalt an Arten stärkt die Resilienz des Gartens gegenüber Klimaextremen und Schaderregern. Auch das geschlossene Bewässerungssystem bietet ein zukunftsweisendes Modell für ressourcenschonende Pflege. Der Huerto del Cura ist somit nicht nur ein kulturhistorisches Denkmal, sondern auch ein Musterbeispiel für angewandten Gartenbau. Wer in der Grünen Branche tätig ist, sollte diesen Ort besuchen. Hier wird erlebbar, wie Theorie und Praxis in einem einzigartigen Gesamtkonzept verschmelzen.